"india_8" von riemsche

"india_8" von riemsche

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"Eine Stunde, zwei Stunden, ja die ganze Nacht garantiere ich eine volle Erektion !!" Spannung in den Gesichtern der Zuschauer. Ismail kennt sich aus, legt noch zu, erschwindelt Großtaten fulminanter Liebeskraft. Dann schlitzt er dem Leguan mit einem Rasiermesser die Kehle durch und den Bauch auf, nimmt das Fettgewebe heraus und wirft es in die Pfanne. Das heiße Öl gießt er in einen Behälter, brät nun die Dotter von zwölf Eiern, plappert weiter, mischt bei, ruft die Namen magisch klingender Zutaten, erwähnt Skorpionblut und verschwindet fast im Rauch seiner schwarzstinkenden Hexenküche. Leguanöl und Dottersaft werden am Schluss vermengt und in flakonähnliche Fläschchen abgefüllt.

Die Kundschaft drängt bereits, ganz und gar heiß geredet: Die Aussicht auf ein strammes, zuverlässiges Männerglied euphorisiert. Seit 34 Jahren verspricht Ismails Familie - zuerst der Vater, nun der Sohn - ein einsatzfähiges Geschlechtsorgan. Im Umkreis von 50 Meter garantiert das noch ein halbes Dutzend anderer Weismacher. Sämtlich "specialists", alle mit einem "diploma" und der wunderbaren Gabe, Lügengeschichten zu erzählen, alle mit jahrhundertealten Geheimrezepten für ihren verführerischen Hokuspokus. Salben, Puder, Pillen - jeder hält jeden für ein Schlitzohr, keiner redet dem anderen dazwischen, sie leben bestens, der Markt ist riesig und gläubig. Indische Männer sind verrückt nach Sex. Die logische, die biologische Folge einer prüden öffentlichen Moral. Immer fragen sie mich aus nach der Liebe in Europa, und niemals sehe ich einen Mann und eine Frau sich küssen, niemand umarmt Hüften, streichelt Nacken. Der Gründe sind viele. Der Einfluss des unduldsamen Islam, der Zusammenstoß des sinnlichen Hinduismus mit dem korsettfrigiden Viktorianismus, die aktuelle Politik der schamlosen Heuchlerei. Ismail, der Leguantöter, zahlt jede Woche 400 Rupien an die in seinem Stadtteil patrouillierende Polizei, um ungestört - und steuerfrei - sein dottergebackenes Aphrodisiakum verhökern zu können.

Aber Indien wäre nicht dieses millionenundeinmal sich widersprechende Land, wäre nicht alles auch wieder ganz anders: Fünf Meter große, liederliche Frauenzimmer in prallen Blusen blicken lüstern von Filmplakaten auf Heerscharen brennender Männeraugen. An jeder zweiten Apothekentür sieht man einen steinernen Gott an den Himmelskurven seiner Göttin spielen - Poster für "feurige" Kapseln. Mitten in Chandi Chowk hängt eine breite Tafel: "Consult for early discharge". In welcher Stadt sonst weiß man so schnell, wo ein vorzeitiger Samenerguss behandelt werden kann?

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