"dicke Post" von riemsche

"dicke Post" von riemsche

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der mächtige Brocken_ ohne Anhang
an die tausend Seiten dick ist definitiv
eine Herausforderung streckenweise sogar
eine Zumutung_ allerdings ne grandiose
man sollte als Lesender wenn möglich
furchtlos sein um sich auf dieses sperrige
störrische bitter böse Biest einzulassen
aber wie bereits vor Ort in ähnlichem
Zusammenhang betont: Literatur darf ruhig
zwicken zwacken ziehen zornig machen
schwer im Magen liegen und mitnichten so
leicht runterflutschen wie so manch auto-
fiktionale Dutzendware und Dutzendware ist
dies ungezähmte Ungetüm wahrlich keine

ne Inhaltsangabe scheitert schon im Ansatz
zu vielschichtig durch Zeit und Raum
mäandernd hat den Roman wer der s kann
in d Karstlandschaft montiert am ehesten
kann man ihn als fantastisch irrlichternde
Gewaltgeschichte des 20.Jahrhunderts lesen
als blutig eitrig giftig überschäumende
Fieberfantasie die im Zweiten Weltkrieg
in Jugoslawien beginnt und bis ins Ost-
Deutschland der 1990er weiter nach Syrien
und in den Irak führt dazwischen_ Epochen
mehrfach durch Fasch-Sozial- oder Kapital-
-ismus deformiert traumatisierte Menschen
Figuren Soldaten Partisanen NeoNazis Indianer
Cowboys sowie Dr. Karl May und dessen fiktiv
literarischer Kosmos als narratives Unterfutter

im Eröffnungskapitel führt ein Amerikaner
mit dem Leiter einer Irrenanstalt nen Dialog
» Ich bewundere Ihre Anstalt, Herr Doktor - wie
Sie versuchen, Ordnung ins Chaos zu bringen «
» Ach wissen Sie, wir folgen hier so vielen
Stimmen, dass wir uns häufig selbst verlieren «
auch im vielstimmigen Roman verirrt man sich
welch Rausch Wahn unbändige Flut an Worten
was für ein in den Himmel ragend Ideengebäude
man flucht ob diesem Buch ächzt stöhnt
ist zeitweise wie erschlagen heillos überfordert
aber in erster Linie staunt man immer wieder
freudig erregt wozu Literatur imstande ist
obwohl der entsprechende Autor leer ausging

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